Hauptriemenzunge als Teil des Leibgurtes des Kilti
(zu sehen im SchichtWerk im Bajuwarenzimmer)

Diese eiserne Hauptriemenzunge ist Teil eines opulenten vielteiligen Gürtels aus der Merowingerzeit, der bei dem 2012 am Steinlacher Weg/Römerstrasse gefundenen Skelett, dem Kilti, entdeckt wurde.

Hauptriemenzunge von allen Seiten (Zeichnung: Dr. Tobias Brendle)

Vom Leibriemen zweigen zahlreiche Nebenriemen ab, die keinen praktischen Zweck hatten, sondern reine Zierde waren. Diese waren jeweils mit einem Beschlag am Hauptriemen befestigt und hingen senkrecht herab. An den Enden waren dann Riemenzungen befestigt. Der Leibgurt selbst hatte eine größere und längere Zunge, die Hauptriemenzunge und wurde meist zu einer Schnalle verschlossen. Auf der Rückenseite gab es drei Vertikalbeschläge, die über den Lederstreifen hinaus nach unten ragten und keine Nebenriemen besaßen. Beim merowingerzeitlichen Mann war hier der Platz für seine Gürteltasche, in der er verschiedene Utensilien wie z. B. Amulette, Kleingeld, Rasiermesser, Pinzetten oder Kämme verstauen konnte. Auch Werkzeuge wie Feuerstahl, Feuersteine, Scheren oder Ahlen, waren möglich.

Alle erhaltenen Teile des Leibgurtes, oben rechts die Hauptriemenzunge (Zeichnung: Dr. Tobias Brendle)

Der Gürtel besaß einen hohen Stellenwert als Statussymbol und galt sozusagen als Visitenkarte des Mannes. Im 7. Jahrhundert stattete man diesen recht aufwendig mit silbernen, bronzenen oder wie hier eisernen Beschlägen, aus. Am Leibgurt erkennt man deutlich, woher sein Träger kam, welchen sozialen Rang er einnahm und wie wohlhabend er war.

Rekonstruktionszeichnung des Leibgurtes (Abb: Dr. Tobias Brendle)

Eine genaue Herkunft und Entstehungszeit dieser Gürtelmode und deren Verbreitung ist noch nicht vollständig geklärt. Als mögliches Ursprungsgebiet könnten die Reitervölker aus den Steppen Zentralasiens in Frage kommen. Auch das alte Persien kommt in Frage.

In Europa traf die Mode spätestens im 6. Jahrhundert ein. Den vielteiligen Gürteln begegnet man außerordentlich häufig bei den Bajuwaren, wo sie im mittleren Drittel des 7. Jahrhunderts die Hauptgürtelform waren. Nirgends waren diese opulenten Gürtel so beliebt wie in der Münchner Schotterebene.

Besaßen die frühesten vielteiligen Garnituren relativ kurze Haupt- und Nebenriemenzungen, wurden diese im Laufe der Zeit länger. Man kann mutmaßen, dass gewetteifert wurde, wer den Gürtel mit den meisten oder prächtigsten Beschlägen trug. Die Länge der Vertikalbeschläge nahm auch zu, auch dadurch, daß man rundliche Fortsätze an ihre Enden anbrachte.

Der aufwendige Gürtel des Kilti besaß ganze zehn Nebenriemen. Die Hauptriemenzunge war am oberen Ende längs geschlitzt, sodass das Gürtelende dort hineingeschoben und mit Nieten, hier 3, fixiert werden konnte. Die Riemenzunge ist mit einer u-förmigen gravierten Rille verziert.

Auch die beträchtliche Länge der Riemenzungen deutet auf eine Entstehung zwischen etwa 660 und 680 n. Chr. hin. Zeitlich dazu passen auch die Vertikalbeschläge, die bereits runde Fortsätze besitzen.

Es handelt sich bei dieser Garnitur um ein eher seltenes und ungewöhnliches Exemplar. Ein ähnlicher Gürtel ist aus dem großen Reihengräberfeld am Knittfeld in Germering bekannt. Vielleicht handelt es sich um eine regionale Spielart und sie wurden in einer lokalen Werkstatt in der Umgebung gefertigt.

Quelle: Dr. Tobias Brendle: ,Die merowingerzeitlichen Grabfunde vom Steinlacher Weg entführen ins Gilching vor 1.350 Jahren‘ (Zeitreise Gilching 2018 – Journal für Ortsgeschichten)

Hauptriemenzunge
Material: Eisen
Länge:16 cm
Breite:1,5 – 2 cm
Eigentum von:Gemeinde Gilching

Weitere Informationen zum ‚SchichtWerk – Zeitreisen im Wersonhaus‘
unter www.schichtwerk-gilching.de.