Riß- und Würmeiszeit
Vor circa 2,5 Mio. Jahren wurde weltweit das Klima immer kälter, womit das Eiszeitalter eingeleitet wurde. Dabei kam es in den Kaltzeiten mehrmals zu Vorstößen von Gletschern weit in das Alpenvorland hinein, während in den Warmzeiten, in denen es teilweise etwas wärmer als heute war, die Gletscher wieder abschmolzen. Vor allem die beiden letzten Eiszeiten, die Rißeiszeit, die vor 120.000 Jahren endete und die Würmeiszeit, die vor ca 15.000 Jahren endete, haben hier deutliche Spuren hinterlassen.
Ob Gletscher der zeitlich davorliegenden Eiszeiten, z.B. die Mindeleiszeit, bis in den Gilchinger Raum vorstießen, ist (noch?) unbekannt. Allerdings gibt es an der Emmeringer Leite und am Parsberg Schotterflächen, die in die Günzeiszeit datiert werden. Diese können aber auch durch Schmelzwasserverfrachtung dorthin gelangt sein. Auf dem Steinberg gibt es mehrere Nagelfluhblöcke, die aus der Günzeiszeit oder der noch davorliegenden Donau-Kaltzeit stammen sollen.
Sowohl in der Riß- als auch in der Würmeiszeit kam es zu Gletschervorstößen bis auf das heutige Gilchinger Gemeindegebiet. Während und vor allem am Ende der jeweiligen Kaltzeiten wurden auch alle Gilchinger Kiesvorkommen abgelagert.
Parsberg, Steinberg und Ölberg sowie der Höhenzug von Holzhausen über Germansberg nach Alling entstanden in der Rißeiszeit als Endmörane, d.h. hier endete einer der Gletscher. Weiter in östlicher Richtung verlief die Endmoräne über den Schellenberg bei Geisenbrunn und Gut Hüll in Richtung Unterbrunn.
Die Ebene unterhalb des Steinbergs (die Gilchinger Schotterebene) war während der Rißeiszeit von diesem Gletscher bedeckt. Während des Gletscherrückzugs bildete sich zunächst ein Schmelzwassersee. Dieser See floss zwischen dem Germannsberg und dem Parsberg (heute liegt dort Alling) ab. Zwischen Gilching und Alling sind am Hang des Parsberg heute noch Terrassen zu erkennen, die dabei und durch die Erosion gebildet wurden.
An tiefergelegenen Stellen, an denen der Untergrund wasserundurchlässig war, wie z.B. in der Geisenbrunner Senke zwischen Steinberg und Schellenberg, blieb ein See – möglicherweise ein Toteisloch – zurück, der in den folgenden Jahrtausenden durch Sedimenteintrag verlandete. Dabei entstand blaugrauer, feinsandiger Seeton, der für die Ziegelherstellung besonders geeignet ist.
Zu Beginn der Würmeiszeit, als durch lange und kalte Winter die Vegetation immer spärlicher wurde, wurde der Seeton durch lehmige Fließerde und Löss überdeckt. Das Tonvorkommen wurde spätestens seit dem 19. Jahrhundert abgebaut.
Der Hügelzug von Steinlach über den Klingelberg und den Talhof in Richtung Waldhof war während der Hochphase der Würmeiszeit vor circa 22.000 Jahren die Endmoräne des Isar-Loisach-Vorlandgletschers. Das Waldgebiet hinter Rottenried und Wiesmath mit seinen vielen Hügelzügen und Senken ist als Gletscherzerfallslandschaft der Alptraum eines jeden Münchener Geologiestudenten.
Gletschervorstöße
In den Kaltzeiten vergletscherten die Alpen immer mehr, bis sie beinahe vollständig mit einer Eisfläche bedeckt waren, aus der nur noch hohe Berggipfel herausragten. So war beispielsweise das Inntal mehrmals vollständig von einem Gletscher ausgefüllt, der in Graubünden seinen Ausgang nahm. Über den Seefelder Pass und Mittenwald wurde der Loisachgletscher von dem Inngletscher mitversorgt. Es wird angenommen, dass bei Ohlstadt die Dicke des Eises des Loisachgletschers um die 1.000 m betrug, d.h. dass Herzogstand und Heimgarten gerade noch aus dem Eise herausragten.
Die folgende Satelliten-Fotografie des Malaspina-Gletschers im südlichen Alaska gibt einen Eindruck, wie der Loisach-Gletscher in das Alpenvorland herauskam.
Während eines Gletschervorstoßes wurde weicheres Material im Vorfeld abgehobelt und weitertransportiert. Am Gletscherrand bildete sich so die Endmoräne, die dann beim Gletscherrückzug liegenblieb. Durch das Schmelzwasser wurde sie (teilweise) abgetragen und bildete so eine immer wieder überflutete Schotterebene.
Auf diese Weise gelangten – mitunter auch sehr große – Steine (Findlinge) aus den nördlichen Kalkalpen (z.B. Wettersteingebirge), und sogar aus den Zentralalpen in unsere Gegend.
Während der Würmeiszeit erfolgte der Gletschervorstoß ins Alpenvorland in einem sehr kurzen Zeitraum. Bei Innsbruck fand man in einem Moor Reste von Bäumen, die ungefähr auf 27.000 Jahre vor heute datiert werden konnten, die auf eine Vegetation mit einem lichten Baumbestand hindeuten. In einer Tongrube wurden andere Baumreste gefunden, die für 14.000 Jahre vor heute eine beginnende Wiederbewaldung im Raum Innsbruck belegen.
In Phasen des Gletscherstillstandes, wenn gerade soviel Eis herantransportiert wurde wie abschmolz, wirkte der Gletscher wie ein Förderband, das das mitgeführte Gestein auf die schon vorhandene Endmoräne aufschüttete. Je länger eine solche Stillstandsphase dauerte, desto mächtiger wurde die Endmoräne.
Als sich die klimatischen Bedingungen besserten und es wieder wärmer wurde, begannen die Vorlandgletscher abzuschmelzen. Allerdings ist der Gletscherrückzug, wie auch der Vorstoß, kein kontinuierlicher Prozess. Vielmehr ist es auch während des Gletscherrückzugs noch zu zeitweiligen Stillständen und sogar zu kurzfristigen Vorstößen gekommen.
So markiert z.B. der Hügelzug südlich vom Jexhof das sogenannte Mauerner Rückzugsstadium der Ammerseezunge des Isar-Loisach-Vorlandgletschers. Vor allem in dieser Phase gestaltete das Schmelzwasser die Landschaft um, indem es – je nach Wassermenge – Täler verbreiterte oder neue als Abflussrinnen schuf.
Das Gletscherzerfallsgebiet hinter Rottenried wurde z.B. über eine Schmelzwasserrinne, die heute Starzelbach heisst, in die Münchner Schotterebene entwässert, die vermutlich schon in der Rißeiszeit entstanden war.
Wenn aufgrund von Klimaschwankungen weniger Schmelzwasser vorhanden war, fand nur in Teilen des Tals weitere Erosion statt, so dass sich an den Talhängen nach und nach Terrassen bildeten. Auch schüttete es Schotterflächen im Vorland außerhalb der Endmoränen auf.
Sichtbare Relikte der Eiszeiten: Drumlins, Toteislöcher, Löß-Schichten
Neben den Kiesvorkommen auf dem Gilchinger Gemeindegebiet haben die Eiszeiten vor allem Drumlins, Toteislöcher und die Löß-Schichten auf dem Parsberg hinterlassen.
Drumlins sind tropfenförmige Hügel. Das fliessende Eis eines Gletschers führt meist sehr viel Gestein und Erde mit sich. Liegt ein Hindernis, wie eine Geländeerhebung, im Weg, dann wird alles lockere Material abgeschoben, was bis zur vollständigen Einebnung führen kann. Ist das Hindernis aber widerstandsfähig genug, dann wird es vom Eis um- und überflossen und am Ende des Hindernisses – in Fliessrichtung gesehen – wird Gestein und Erdreich abgelagert.
An der Form eines Drumlins kann also abgelesen werden, in welche Richtung das Eis geschoben wurde. Der steilere Prallhang zeigt in die Richtung, aus der das Eis kam – in diesem Fall Süden. Dagegen weist der langsam abfallende Hang in die Fliessrichtung – hier Norden. Das abfliessende Wasser abschmelzender Gletscher kann ähnliche Geländeformen erzeugen, die allerdings eher wie Bahndämme aussehen.
Während des Gletscherrückzugs blieben immer wieder „Eisberge“ liegen. Das abfließende Schmelzwasser bedeckte sie mit Geröll und Kies, das sie vor Sonneneinstrahlung schützte und sie nur daher nur langsam abschmolzen. Beim Abschmelzen der Eisbrocken sackte das darüberliegende Lockermaterial nach, und es bildeten sich – abhängig von der Form des Eisbrockens – kreisförmige, aber auch unregelmäßig geformte Hohlformen, die Toteislöcher.
War der Untergrund wasserundurchlässig, dann entstanden entweder Seen oder Moore ( wie das Wildmoos, s. Moorlandschaft). Bei durchlässigem Untergrund dagegen versickerte das Schmelzwasser und zurück blieb ein trockenes Toteisloch, wie z.B. zwischen dem Sportplatz an der Weßlinger Straße und der Verlängerung des Frauwiesenwegs Richtung Talhof.
Lößbildung
Die Gletschervorfelder waren riesige, vegetationslose Flächen, z.B. die Abflussrinnen. Dort gab es nur Geröll, Kies und Sand, während sich auf höher liegendem Gebiet eine Tundrenvegetation ausbreitete. Starke Temperaturunterschiede zwischen Gletscher und eisfreiem und vegetationslosem Vorland führten zu andauernd kräftigen Winden und Stürme im Gletschervorland. Diese bliesen aus den Schotterflächen den Staub weg, der sich dann anderswo an Erhebungen, wie z.B. den vorgelagerten Altmoränen oder in Senken als Löß zu teilweise sehr mächtigen Schichten ablagerte.
Auf dem Altmoränengürtel im Nordosten des Gilchinger Gemeindegebietes ist in der Umgebung des Steinbergs, des Ölbergs, des Großen und Kleinen Berges eine 10–12 m mächtige Lößkappe zu finden. Löß ist somit eine „äolische“, also durch Wind verfrachtete Staubablagerung, welche sich im wesentlichen aus Quarz, Glimmer, Feldspat und anderen gesteinsbildenden Mineralien zusammensetzt. Zunächst von sandiger Beschaffenheit, tritt bei zunehmender Feldspatverwitterung eine Verlehmung ein, womit auch der Tongehalt steigt. In Oberflächennähe ist der Löß in der Regel durch Eisenoxidhydrat gelb bis braun gefärbt. Löß ist besonders reich an Pflanzennährstoffen und liefert einen tiefen, steinfreien Boden; auftretende Kiesbrocken sind aus der Nachbarschaft eingeschleppt.
Daraus bildete sich ein Boden, der für den Ackerbau besonders günstig ist. So entstanden z.B. die Rahmäcker auf dem Steinberg. Dies sind die Äcker mit dem besten Boden in Gilching. Es wird vermutet, dass in der Senke zwischen Ölberg und Steinberg um 1800 vor Christi die ersten seßhaften Ackerbauern, die „Gilchinger Lößbauern“ siedelten, zumal ja auch unterhalb des Rathauses Reste von sogenannten Hockergräbern aus dieser Zeit gefunden worden sind.
Vor dem Gletschervorfeld breitete sich eine Art Tundra aus. Sie wurde in der Norddeutschen Tiefebene von Gletschern begrenzt, die sich aus Skandinavien über die Ostsee hinweg ausgebreitet hatten.
Menschen in der Eiszeit
Ob während der Hochphase der Würmeiszeit Menschen in der gletschernahen Tundra lebten, ist fraglich. Allerdings hat man in der Schwäbischen wie auch Fränkischen Alb in Höhlen Hinweise auf menschliche Anwesenheit, wie Werkzeuge, Kunstwerke (wie der Löwenmenschen aus der Hohlenstein-Höhle, die Elfenbeinfiguren und die Flöten aus der Vogelherd-Höhle im Lonetal) usw. gefunden.
Diese Funde stammen aus einer Zeit kurz vor der Würmeiszeit-Hochphase. In der Zeit direkt danach, sind die Funde in Südbayern äußerst dürftig, was aber auch heißen kann, dass noch nichts gefunden wurde. Funde aus dieser Zeit aus anderen Teilen Deutschlands zeigen große Herden grasfressender Tiere (Rentiere, Wildpferde) sowie gesammelte Kräuter, Gräser und Beeren die ihre Nahrungsgrundlage bildeten. Felle der erlegten Tiere verarbeiteten sie zu Kleidung und Zelten und aus ihren Knochen wurden Werkzeuge hergestellt.