Villa Rustica

Villa Rustica am Fuße des Germannsberges

Mit der Romanisierung des Alpenvorlandes wurden viele römische Bauwerke errichtet. Viele größere Bauwerke kann man heute noch bestaunen (Türme, Limes, Kastelle), andere sind verschwunden, wie Legionslager und die sog. Villa Rustica, ein Landhaus bzw. Landgut, dass die römische Besiedlung in unserem Raum sehr stark geprägt hat.

Eine villa rustica würde heutzutage als Bauernhof bezeichnet werden. Sie wurden an verkehrsgünstigen Stellen inmitten des Ackerlandes errichtet. Je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Besitzer konnten sie aus Holz, Stein oder beidem errichtet sein. Auch waren einzelne Räume oft durch eine Fußbodenheizung beheizbar. Dazu kamen dann noch Stallungen, Scheunen, Remisen und verschiedene Werkstätten, in denen der Besitzer seine Geräte instand hielt. Häufig war auch ein Badehaus vorhanden. Das gesamte Anwesen war mit einer Hofmauer umgeben.

Terra Sigillata Fund bei der villa rustica am Ölberg
(in der Ausstellung Geschichten aus der Erde, Jexhof 2012)

Diese Gutshöfe waren meist Alterssitze von aus dem Militärdienst ausgeschiedenen Veteranen, die innerhalb der ländlichen Infrastruktur Versorgungsaufgaben für die röm. Armee übernahmen. Diese Höfe befanden sich meist in der Nähe von Straßen, Flüssen oder Kanälen, um die produzierten Waren bequem abtransportieren zu können. Auch sollte nicht unterschätzt werden, dass sie loyale Inseln inmitten der nichtrömischen Bevölkerung bildeten.

Neben den rein landwirtschaftlich genutzten villae rusticae gab es auch welche, die eher Villen entsprachen. Sie waren das Zweithaus auf dem Lande neben dem Haus in der Stadt und waren deshalb entsprechend prächtig und komfortabel ausgestattet. Ein prominentes Beispiel in der Umgebung ist die villa rustica in Leutstetten.


Vier Villae Rusticae auf Gilchinger Gemeindegebiet

Bronzene Öllampe

In der Gemeinde Gilching sind bislang vier villae rusticae gefunden worden. Die Entfernung der einzelnen Höfe zueinander betrug vier bis fünf km. Bei Bauarbeiten für eine Leitung wurde 1981 am Fuße des Germannsberges eine solche Villa Rustica entdeckt, die wohl hauptsächlich während des 2. Jh. n. Chr. bestand. Der Gutshof hatte eine Fläche von mindestens 100 m x 60 m. Neben dem Hauptgebäude, in dem es auch ein Zimmer von etwa 6 m x 5 m Größe mit Fußbodenheizung gab, wurde auch ein ca. 35 m entfernt gelegenes Wirtschaftsgebäude (9,5 m x 11,6 m) aufgedeckt. Zu dem Hof gehörte auch eine Zisterne. An Funden liegen Amphorenbruchstücke, Grobkeramik und Terra Sigillata vor.

Auf dem Ölberg, oberhalb des Friedhofs im Altdorf, und beim Rinnerhof wurden zwei villae rusticae gefunden. Bei der villa rustica am Rinnerhof wurde als Lesefund eine hochwertige, bronzene Öllampe in der Form eines Satyrkopfes gefunden. Außerdem wurden auf der Frauenwiese im Mischenrieder Wald (zwar schon auf Weßlinger Gemeindegebiet, aber direkt an der Grenze) eine spätrömische Siedlung aus dem 3. – 4. Jh. und auch Richtung Herrsching mehrere Villae Rusticae entdeckt , so dass es wahrscheinlich ist, dass von Gilching aus über Pähl in Richtung Mittenwald eine weitere römische Straße führte.

Nach Norden hin wurden in Alling, Germering, Aubing und Pasing villae rusticae und römische Siedlungen gefunden.

In der näheren Umgebung gab es während der Römerzeit zwei größere Siedlungen – als vicus bezeichnet. Bratananium – heute Gauting – lag an der Kreuzung zweier Straßen, wodurch sich dort viele Händler und Handwerker zur Versorgung der umliegenden Villae rusticae und der Militäranlagen niederließen. Wegen des Fundes von Teilen einer Benefiziarier-Standarte – die Benefiziarier waren so etwas wie die römische Militärpolizei – wird vermutet, dass in Bratananium Benefiziarier stationiert waren. Ad Ambrae – die zweite Siedlung – heißt heute Schöngeising und besaß eine Brücke über die Amper sowie eine Raststation.


Römische Landwirtschaft

Löffelbohrer, Messer, Schlüssel usw. von der villa rustica am Ölberg (in der Ausstellung Geschichten aus der Erde, Jexhof 2012)

Vor Beginn der römischen Herrschaft wurden hier vor allem Emmer, Dinkel, Gerste und Hirse als Getreide angebaut sowie die Hülsenfrüchte Saubohnen, Erbsen und Linsen. Häufig angebaute Gemüsesorten waren Rübe, Rettich, Sellerie, Zwiebel und Kohl. Lein, Hanf, Flachs und Mohn wurden als Ölfrüchte, aber auch als Faserpflanzen angebaut.

Mit den Römern kamen im Laufe der Zeit Roggen und verschiedene Weizenarten als neue Getreidesorten hinzu. Neue Gemüsesorten waren Mangold, Portulak, und römischer Ampfer, während als neue Obstsorten Pflaume, Apfel, Süßkirsche, Pfirsich und Walnuss hinzukamen, nicht zu vergessen die Weinrebe.

In der Viehzucht stand die Zucht von Rindern als Zugtiere und zur Fleischgewinnung an erster Stelle. Pferde wurde als Reit-, Last- und Zugtiere, sowie für das Militär gezüchtet. Die Schweine – als zweitwichtigster Fleischlieferant – waren hochbeiniger, schlanker, als die meisten heutigen Rassen und sie waren behaart. Schafe und Ziegen wurden hauptsächlich zur Gewinnung von Wolle und Milch für Käse gehalten. Als Geflügel wurden Hühner, Gänse, Enten und Tauben gehalten. Ebenso war die Imkerei weit verbreitet.

Im römischen Reich wurde die Landwirtschaft nicht nur zur Ernährung der Hofgemeinschaft betrieben, sondern hauptsächlich dazu, dass ein Überschuss erwirtschaftet wurde, der dann entweder an das Militär oder an die Zivilbevölkerung in den Städten und Dörfern (vici) verkauft wurde.

Aus römischer Zeit sind eine Reihe von Fachbüchern über die Landwirtschaft überliefert, wie zum Beispiel “De Agricultura“ (über die Landwirtschaft) von Cato und “Res Rusticae“ (Gespräche über die Landwirtschaft) von Varro, aber auch das Lehrgedicht “Georgica“ (Gedicht vom Landbau) des Dichters Vergil. All diese Fachbücher dienten dazu, das Fachwissen zu verbreiten und die Erträge zu erhöhen. In diesen Fachbüchern wird beispielsweise  der Fruchtwechsel zwischen dem Anbau von Getreide  und Leguminosen, wie Bohnen, und Klee empfohlen, da letzteren dem Boden Nährstoffe zu führen.

Nach vorsichtigen Schätzungen wurden auf  der italischen Halbinsel  – je nach Boden- und Klimabedingungen – das vier- bis zehnfache des eingesetzten Getreidesaatguts geerntet. In den Gebieten nördlich der Alpen dürfte der Ernteertrag bei Getreide twas geringer gewesen sein (das drei- bis siebenfache) – ein Wert, der in Mitteleuropa erst wieder im 18. Jahrhundert erreicht wurde.

Nicht nur Großgrundbesitzer, die Landwirtschaft im großen Stil betrieben, sondern auch die meisten kleineren Bauern – sofern sie nicht selber Sklaven waren – besaßen Sklaven. Nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in allen anderen wirtschaftlichen Bereichen wurden Sklaven eingesetzt.


Weitere Informationen

Wikipedia-Artikel über die villa rustica
Vera Rupp, Heide Birley (Hrsg.), Landleben im römischen Deutschland, Konrad Theiss Verlag, 2012