Römer im Voralpenland
Im Jahre 15 v.Chr. besetzte das Römische Reich unter den Befehlshabern Tiberius und Drusus, Söhne des Kaisers Augustus, den Bereich der mittleren und östlichen Alpen und des Alpenvorlandes bis zur Donau. Abgesehen von einer Seeschlacht auf dem Bodensee und kleineren Scharmützeln, wie z.B. bei Oberammergau, sind keine größeren Kampfhandlungen bekannt geworden.
Das Gebiet stand zunächst unter militärischer Verwaltung. Unter den Kaisern Tiberius oder Claudius wurde zwischen 30 und 50 n.Chr. dann die Provinz Raetia gegründet. Der römische Statthalter residierte zunächst in Cambodunum – heute Kempten. Später wurde Augusta Vindelicum (Augsburg) Sitz des Statthalters und der Provinzverwaltung. Zwischen 80 und 150 n.Chr. wurde der rätische Limes auf der fränkischen Alb nördlich der Donau als steinerne Mauer mit Wachtürmen und Kastellen zum Schutz gegen die Germanen errichtet.Zu den Prinzipien der römischen Verwaltung in den Provinzen gehörte es lokale Verwaltungs- und Rechtsinstitutionen, so es sie gab, soweit wie möglich zu erhalten und weiterzuführen. Zu den Aufgaben der Provinzverwaltung gehörte
- die Entscheidung über Steuern, wobei die Erhebung der Steuern oft an Mitglieder der lokale Elite verpachtet wurde, die dann die Steuerschuld beglichen und selber die Steuern mit Aufschlägen für ihre Kosten und ihren Gewinn eintrieben,
- die Verhängung der Todestrafe,
- das Militär der jeweiligen Provinz,
- der Ausbau der Infrastruktur.
In den inneren Wirren des Römischen Reiches unter den Soldatenkaisern nach 233 n.Chr. zerstörten germanische Stämmen den Limes und fielen immer wieder plündernd nach Raetia ein. Nach 260 n. Chr. stabilisierte sich die Lage wieder und unter Kaiser Diokletian wurde der Rhein-Iller-Donau-Limes eingerichtet und die Provinz Raetia aufgeteilt in Raetia I mit Curia (Chur) als Sitz des Provinzstatthalters) und Raetia II, wobei Augusta Vindelicum Provinzhauptstadt blieb.
Ab 350 n.Chr. durften sich immer wieder germanische Gruppen in Raetia ansiedeln unter der Bedingung, dass sie als Föderaten den Schutz der Grenze gegen andere germanische Stämme übernahmen. Sie nahmen nach und nach römische Sitten an und erfüllten diese Aufgabe auch noch nach Abzug der letzten römischen Legion im Jahre 407 n.Chr nach Norditalien.
Aber auch in der Zeit danach war römisches Leben in Raetia nicht erloschen. So berichtet der Mönch Eugipius in der Lebensbeschreibung des Heiligen Severin, dass dieser entlang der Donau entschieden für den Schutz der römischen Bevölkerung gegenüber germanischen Fürsten auftrat. So kann davon ausgegangen werden, dass zwischen Künzing und Passau noch römische Organisationsstrukturen existierten. Als sich um 480 die Lage für die Bevölkerung immer mehr verschlechterte, organisierte Severin die Evakuierung von Teilen der Bevölkerung entlang der Donau. Auch findet sich in den Schriften des Heiligen Augustinus, dass immer wieder Lebensmittel und Kleidung über die Alpen für die Not leidende Bevölkerung nach Rätien transportiert wurden. Wie lange eine organisierte römische Struktur im Gilchinger Raum existierte, ist jedoch unbekannt.
Bis in das 8. Jahrhundert hinein, also nach Gründung des Herzogtums Bayern, gibt es Hinweise aus Inschriften und den aus den Funden in Gräbern ableitbaren Bestattungssitten, daß hier eine romanisch geprägte Bevölkerungsschicht lebte. Auch haben sich in einer Reihe von Ortsnamen Reste des früheren römischen Namens erhalten haben, wie die Zusammensetzungen mit Wall- oder Walch- von Welsch- oder Günzburg von Guntia und viele andere mehr. Allerdings konnte eine Kontinuität der römischen Besiedlung nur in wenigen Fällen, wie Augsburg und Regensburg wirklich nachgewiesen werden.