Entwicklung Gilchings nach dem Dreißigjährigen Krieg

Grundbesitz in Gilching um 1750

Ein Tagwerk ist ein altes Flächenmaß, dass in Bayern ungefähr 3408 qm groß war. Das war die Fläche, die ein Bauer mit einem Ochsengespann an einem Tag bearbeiten konnte.

1675, 27 Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, waren immer noch 25 % der Anwesen in Gilching zerstört. Erst um 1750 hat die Zahl der Anwesen wieder den Stand vor 1618 erreicht, was vor allem auf den großen Bevölkerungsverlust der in Mitteleuropa ungefähr 50 % ausmachte, zurückzuführen war. Nach dem Krieg dürften sich zwar noch einige aus ihrer Heimat vertriebene Menschen in Gilching angesiedelt haben. Der Hofname „Krawat“ deutet daraufhin, dass sich ein entlassener Landsknecht – damals häufig als Kroaten bezeichnet – hier niedergelassen hat.

Es mag paradox klingen, aber in diesem Zeitraum kam es zu einer allmählichen Verbesserung der Lage der Bauern, da sehr viel Land brach lag und die Grundherren froh waren, dass das Ackerland bestellt wurde. Die „Abmeierung“, d.h. die Vertreibung eines Bauern durch den Grundherren, kam sehr viel weniger oft vor, als vor dem Dreißigjährigen Krieg. Außerdem wurde der Zehnt – die Abgaben an den Grundbesitzer – nach und nach von Naturalien und Diensten auf Geldzahlungen umgestellt.

Desweiteren wurde Bauern, die außerhalb des Dorfes einen Bauernhof gründeten, auf geraume Zeit alle Steuern und Dienste erlassen. Das führte in Gilching z.B. zur Gründung von Wiesmath um 1700.

Die Gemeinde Gilching besaß neben der Allmende (gemeinschaftlich genutzte Wiesen, Wälder und Wege) von ca. 360 Tagwerk, noch ca. 186 Tagwerk Grund, den sie an kleinere Bauern verpachtete. Damit nahm sie im Jahre 1725 11 Gulden, 13 Kreuzer und 5 Heller ein.

Die Söldner, also die Bauern, die auf einer Sölde (1/8-Hof oder 1/16-Hof) saßen, waren häufig Handwerker, also Nebenerwerbslandwirte im heutigen Sprachgebrauch.

1675 gab es nach Aufzeichnungen der Grafen Törring in Gilching einen Bader, einen Krämer, einen Metzger, einen Schäffler, zwei Schmiede, zwei Schneider, zwei Schuhmacher, drei Wagner, vier Weber, einen Lehrer und einen Pfarrer. Zwei weitere Handwerker, der Bäcker und der Wirt, hatten sehr viel größere Anwesen.

In den Unterlagen des Rentamtes München – so hieß damals das Finanzamt – findet sich für 1776, dass die Steueraufkommen in Gilching an den Staat 320 Gulden und 17 Kreuzer betrugen. Im einzelnen zahlten:

12  1/1-Höfe um je 160 Tagwerk Grund 15 Gulden
3  1/2-Höfe um je 80 Tagwerk Grund 8 Gulden
13  1/4-Höfe um je 40 Tagwerk Grund 4 Gulden
7  1/8-Höfe um je 20 Tagwerk Grund 2 Gulden
34  1/16-Höfe unter je 10 Tagwerk Grund 1 Gulden
6  Leersölden ohne Grund k. A.

Die Abgaben an den Grundherren kamen noch dazu.

Ereignisse in der Region

1701 – 1714 Max Emanuel, der blaue Kurfürst, beteiligte sich als Verbündeter Frankreichs am spanischen Erbfolgekrieg. Nach der verlorenen Schlacht bei Höchstadt 1704 gegen John Churchill, Lord of Marlborough, verlor er Heer und Herrschaft und er lebte bis 1714 als französischer Staatspensionär im Exil. Bayern wurde von Habsburg besetzt und ausgeplündert. Das führte zu Aufständen vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz. In Oberbayern fand der Aufstand mit der Sendlinger Mordweihnacht 1705 ein Ende.
1726 – 1745 Karl Albrecht, der Sohn Max Emanuels, bayerischer Kurfürst.
1741 – 1745 Karl Albrecht wird deutscher Kaiser.
1745 – 1777 Kurfürst Max III. Joseph beschert Bayern eine 30-jährige Friedenszeit. Durch eiserne Sparsamkeit, Halbierung des Militärbudgets und konsequenter Besteuerung des Kirchenbesitzes konnten die gewaltigen Schulden seiner Vorgänger abgebaut werden. Die planmäßige Förderung des Bauernstandes (Trockenlegung des Dachauer Mooses), Ausbau des Straßennetzes und Gründung von Manufakturen (z.B. Nymphenburger Porzellanmanufaktur) trugen ebenfalls zur wirtschaftlichen Gesundung bei.
1752 Zum Schergenamt Gilching, einem Teil des Landgerichts Starnberg, gehören die Gemeinden Alling (mit Eichenau), Argelsried, Biburg, Geisenbrunn, Germering, Holzhausen, Kleßheim, Pfaffing, Puchheim, Schöngeising, Unterpfaffenhoffen, Weichselbaum; insgesamt 10 Gemeinden, 5 Weiler und 5 Einöden mit zusammen 426 Anwesen. Das Schergenamt hat somit circa 2400 Einwohner.
1759 Gründung der bayerischen Akademie der Wissenschaften.
1778 – 1799 Da Max III. Joseph kinderlos starb, trat gemäß den Wittelsbacher Hausverträgen Karl Theodor von der Pfalz seine Nachfolge an. Er setzte zwar den Ausbau des Landes fort und führte viele Reformen durch (z.B. des Heeres). Aber er und seine Berater, zu den u.a. Sir Benjamin Thompson, seit 1784 Graf von Rumford, zählten, waren und blieben „Zuagroaste“. Dazu kam noch, dass die Habsburger unter Kaiser Joseph II. ihm mehrmals den Tausch Bayerns gegen die habsburgischen Niederlande (das heutige Belgien) anboten und er in Verhandlungen darüber eintrat. Die Verhandlungen scheiterten aber jedesmal aufgrund der energischen Einsprüche Friedrichs des Großen von Preußen, der gegen einen Machtzuwachs von Österreich war.
1799 Max IV. Joseph wird bayerischer Kurfürst.
1802 In Bayern wird die allgemeine Schulpflicht mit öffentlicher Volksschule eingeführt.

Neuzeit – Die Zeit von 1705 bis 1804

1701 – 1714 Nach dem Tod des kinderlosen spanischen Königs Karl II. befürchtet Frankreich, dass Spanien von den österreichischen Habsburg geerbt wird.In dem daraus entstehenden Kriege stehen Österreich und England gegen Frankreich, dass von Bayern und dem Erzbistum Köln unterstützt wird. Durch den Frieden von Utrecht, der den Krieg beendet, wird Philipp V., ein Enkel Ludwigs XIV., als spanischer König anerkannt, allerdings unter der Bedingung, dass Frankreich und Spanien nie unter einem Herrscher vereinigt werden dürfen. Österreich erhält dafür das heutige Belgien, Mailand und Neapel, und England von Frankreich Neufundland, das Hudsonbaigebiet, sowie von Spanien Gibraltar und Menorca.
1714 – 1717 Bei einem Versuch verlorene Gebiete im Balkan zurückzugewinnen, wird das Osmanische Reich erneut durch Österreich unter seinem Feldherrn Eugen von Savoyen geschlagen. Österreich erwirbt dabei Ungarn, Siebenbürgen, Slowenien und Kroatien und wird zu einer europäischen Großmacht.
1723 Johann Sebastian Bach (1685-1750) wird Thomaskantor in Leipzig. (Matthäuspassion).
1741 Maria Theresia verteidigt im „Erbfolgekrieg“ (bis 1748) ihre Erbfolge.
Friedrich II. (der Große), König von Preußen, beginnt den zweiten Schlesischen Krieg im Bündnis mit Frankreich und erhält 1748 ganz Schlesien von Österreich.
1742 Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern, als Karl VII. röm. dt. Kaiser von 1742-1745.
1748 Montequie begründet die Lehre der Gewaltenteilung.
In Pompeji finden die ersten systematischen Ausgrabungen der Archäologie statt.
1749 Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), geadelt 1782. Bedeutende Werke:
u.a. “Götz von Berlichingen“, “Urfaust“, “die Leiden des jungen Werthers“ (Briefroman).
1751 – 1780 Mit der „Encyclopedie ou Dictionnaire raisonne des sciences, des arts et des metiers“ erscheint das Standardwerk der französischen Aufklärung.
1756 – 1763 Der siebenjährige Krieg zwischen England und Preußen auf der einen Seiten und Österreich, Frankreich, Rußland, Schweden und den meisten Reichsfürsten. Preußen behält dabei Schlesien, während England die französischen Gebiete in Amerika (Kanada, Louisiana) und Indien erobert.
1759 Friedrich von Schiller (1759-1805), geadelt 1802. Bedeutende Werke:
u.a. “Das Lied von der Glocke“ (Sinngedicht), “Maria Stuart“ (Schauspiel).
1762 – 1796 Katharina II. die Große, Zarin von Russland.
1765 James Watt konstruiert die Niederdruckdampfmaschine.
1770 James Cook landet auf seiner 1. Weltumseglung Australien für England in Besitz.
1775 Beginn des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs.
1781 Die „Kritik der reinen Vernunft“ von Immanuel Kant erscheint.
1783 George Washington wird erster Präsident der USA.
Die Brüder Montgolfier lassen den ersten unbemannten Heißluftballon aufsteigen.
1785 Edmund Cartwright konstruiert den ersten mechanischen Webstuhl.
1789 Beginn der französischen Revolution: Sturm auf die Bastille.
1792 – 1797 1. Koalitionskrieg der europäischen Fürsten gegen Frankreich. Im Frieden von Campoformio tritt Österreich u.a. seine Besitzungen im heutigen Belgien an Frankreich ab und stimmt zu, dass das linke Rheinufer Frankreichs Ostgrenze wird. Die betroffenen deutschen Fürsten sollen durch Gebiete in Deutschland entschädigt werden. Die bayerischen Besitzungen in der Pfalz fallen damit an Frankreich.
1793 Der französische König Ludwig XVI. wird hingerichtet.
1803 Reichsdeputationshauptschluss am 25. Februar in Regensburg: das Heilige Römische Reich deutscher Nation wird aufgelöst, ebenso wie zahlreiche Kleinstaaten und alle geistlichen Gebiete, Entstehung neuer Kurfürstentümer (Hessen-Kassel, Baden, Württemberg, usw.).

Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller

Die Bilder stammen aus den Wikipedia-Artikeln über Goethe und Schiller.