Geisenbrunn – die Geschichte des Namens

1237 wurde Geisenbrunn erstmals urkundlich erwähnt. Dennoch gibt es zahlreiche Hinweise, dass der Ort gut 500 Jahre früher entstanden ist. Das Teilgebiet Ortsnamensforschung der Geschichtswissenschaften stellt Methoden bereit, um anhand des Ortsnamens Rückschlüsse auf seine Gründung zu ziehen. Für den Namen Geisenbrunn gibt es danach drei Theorien, denen alle die althochdeutsche Lautverschiebung zugrundeliegt. Lautverschiebung nennt man den regelhaften Lautwandel der Konsonanten, wie „b, p, d, m, n, usw.“ und Vokale, wie „a, ei, usw.“ im Laufe der Jahrhunderte.


Theorie 1: Giso

Am Ende der Völkerwanderungszeit, etwa im 6. Jahrhundert, begann die bajuwarische Stammesbildung. Nach der Ortsnamensforschung wurden in dieser Zeit zahlreiche „-ing“–Orte, wie Gilching, Alling, Germering und Gauting, gegründet. An den Namen des Sippenführers wurde ein „–ing“ angehängt. In der Folgezeit entstanden Adelsgeschlechter, die Bevölkerungszahl stieg an und so wurden im 8. Jahrhundert neue Siedlungen angelegt, die in der Regel auf -dorf, -hausen, -hofen, -stetten, -ried oder auch -brunn(en) enden. Somit kann man relativ sicher davon ausgehen, daß Geisenbrunn in der Zeit Karls des Großen gegründet wurde. Sehr unsicher sind die Schlußfolgerungen für „Geisen-“ – dem ersten Teil des Namens. Der Ortsname wird von dem Namen Giso abgeleitet. Ein Giso und sein Brunnen sind jedoch bisher nicht nachgewiesen. 1


Theorie 2: Geisen = Ziegen – Brunnen

Eine naheliegende Theorie ist, dass in Geisenbrunn Ziegen (Geißen) zur Tränke gebracht wurden und deswegen der Ort der Einfachheit halber so heiße. Aufgrund des Alters hätte der Name „Geisenbrunn“ dann aber die Lautverschiebung mitmachen müssen und der Ort hieße „Goasnbrunn“.


Theorie 3: Geisenbrunn, eine Gründung der Kisyla

Die fränkische Königsfamilie war durch die Absetzung des bayerischen Herzogs Tassilo III. aus der Dynastie der Agilolfinger in den Besitz des Herzogtums Bayerns gekommen. Um das Jahr 800 stiftete Kisyla, eine Schwester oder Tochter Karls des Großen, daraus großzügig Ländereien im Gebiet zwischen Amper und Würm an verschiedene neu gegründete Klöster, zu denen auch die Orte Gauting, Buchendorf, Leutstetten, Oberpfaffenhofen, Alling und Geisenbrunn gehörten.

Da laut dem Urkataster aus dem Jahr 1808/12 bei der Säkularisation 1803 Geisenbrunn zu je einem Drittel im Besitz der Klöster Benediktbeuern (gegr. 740), Polling (gegr. 757) und Schäftlarn (gegr. 757) war, hat vermutlich Kisyla als Äbtissin in Chelles an der Marne 2 Geisenbrunn zu gleichen Teilen an diese drei Klöster aufgeteilt. Demgegenüber hatten viele Orte bei der Säkularisation 10 und mehr Grundherren, da Adelige Teile ihres Besitzes zur Erlangung ihres Seelenheils im Laufe der Generationen immer wieder an Klöster abtraten.

Der Name Kisyla hat sich durch die Lautverschiebung dann folgendermaßen gewandelt: Aus dem K von Kisyla wurde ein G (= Gisyla) und das i wurde zu einem ei, also Geisela. Die Mundfaulheit, wissenschaftlich Sprachökonomie genannt, verschluckte das a am Namensende. So entstand aus Kysela Geisel, später Geiselbrunn und schließlich Geisenbrunn.

Im Laufe der Zeit verblaßte die Erinnerung an die Stifterin Kisyla. Auch verschrieben sich die Schreiber der Steuerbücher der weit entfernten Klöster mehrfach, und so finden wir verschiedene Schreibweisen: Geiselbrunn, Gisenprunnen, Geisenprunne, Geyselbrunn und Geislbrunn.Im Archiv der Gemeinde liegt das „Tagebuch für die Lokal Armenpflege Geiselbrunn“ des damaligen Dorfpfarrers Karl Schöttner, der von 1850 bis zu seinem Tod 1878 in Gilching und Umgebung tätig war 3. Nach 1880 setzte sich die Schreib- und Sprechweise Geisenbrunn durch.

Urkundliche Erwähnungen sind sehr spärlich. Geisenbrunn taucht nur in den Steuerlisten der Klöster Polling, Schäftlarn und Benediktbeuern mit der Anzahl der jeweils eigenen Höfe auf, sowie beim Tausch, der Übertragung und dem Kauf von Höfen. Bisher sind aber noch nicht alle Urkunden der Klöster zu Geisenbrunn bearbeitet und ausgewertet.

Nur eine Urkunde des Klosters Schäftlarn 4 vom 24. April 1339 über einen Hoftausch erwähnt als Zeugen einen „Hainrich der Chůnich (= König) von Geysenbrunn“. Das aber stellt eine neue Frage: ein König von Geisenbrunn? Ein Spottname oder ein Adelstitel?

1) Arbeitskreis für Ortsgeschichtsforschung der Würmregion, Von den Anfängen unserer Dörfer in der Würmregion bis ins 19. Jahrhundert, 2005, Gauting 
2) Hemmerle, J., Germania Sacra, Max-Planck-Institut für Geschichte, 1991, Walter de Gruyter 
3) Schicht, R. u. Lampl, H. Arnisesried und Geiselprunn, S. 225, 1997, Gilching 
4) Kl. Schäftlarn, KU Nr. 136