Replik Römischer Meilenstein Gilching
(wiederaufgestellt an der Römerstrasse am Wersonhaus)

Neuer Standort des Meilensteines am Wersonhaus (Foto: Annette Reindel)

Alter Standort des Meilensteines auf der Grünfläche an der Römerstrasse Ecke Rathaustrasse (Foto: Dr. Wilfred Waiblinger)

Die Römer begannen sehr bald nach der Gründung ihrer Stadt (753 v. Chr.) mit ihrer Expansionspolitik. Unter Kaiser Augustus erreichten die römischen Legionen bei ihren Eroberungszügen nach Norden um 15 v. Chr. das Voralpenland. Für die schnelle Verlagerung und Versorgung der Legionen bauten die Römer ihr Straßennetz aus. Dabei wurde das vorgefundene Netz aus Saumpfaden und Karrenwegen unter militärischen Aspekten ausgebaut. Die bei Gilching vorbeiführende Straße wurde so Teil der römischen Fernstraße zwischen Iuvavum (Salzburg) und Augusta Vindelicum (Augsburg) (1).

Im Kampf des Kaisers Septimius Severus (146 – 211 n. Chr.) gegen seine Widersacher in Kleinasien und Gallien waren auch die Ost-West-Transitstraßen von großer Bedeutung.

Um die Verlagerung der oft 100.000 Mann starken Truppen und dem dazugehörigen Tross zu sichern, ließ er Straßen und Brücken vorbereiten und aufgetretene Schäden reparieren. Der Gilchinger Meilenstein bekundet eine solche Reparaturmaßnahme (2).

Römische Meilensteine lobpreisen wie Triumphbögen zuallererst den Kaiser, der sie in Auftrag gab. Erst an zweiter Stelle rangiert die Entfernung zum Provinzzentrum. Der Gilchinger Meilenstein benennt als Auftraggeber für die Wiederherstellung von Straßen und Brücken (im Straßenabschnitt 31 Meilen von Augsburg) den Kaiser Septimius Severus, seine Söhne und Mitkaiser Marcus Aurelius Severus Antoninus (Caracalla) und Septimius Geta. Die Auftragsvergabe erfolgte zwischen dem 10.12.200 und dem 9.12.201, als Septimius Severus zum 9. Mal Inhaber der tribunizischen Gewalt (3) war.

links: Lateinische Inschrift des Meilensteines mit ausgeschriebenen Abkürzungen; rechts deutsche Übersetzung (Abbildung: Dr. Wilfred Waiblinger)

Seit der Spätantike wurden Meilensteine oft weit verschleppt und meist als Baumaterial zweckentfremdet. Der Gilchinger Meilenstein fand sich im 16. Jh. in Hattenhofen, dann als Eckstein eingemauert im Schloss Günzlhofen. Nach Abbruch des Schlosses kam er 1830 nach München, zuerst in das königliche Antiquarium, später in die Prähistorische Staatssammlung (seit 2000 Archäologische Staatssammlung) in München, und wurde im Gebäude Kaufingerstraße ausgestellt. Hier verbrannte die weißlich-gelbe Kalksteinsäule in einer Bombennacht von 1944 (4). Der Meilenstein in Gilching ist eine Nachbildung (Replikat).

Foto vom originalen Meilenstein (Abb. aus Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL)

Originalzeichnung (Abb. aus Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL)

Die Via Claudia Augusta, die über die Alpen bis nach Bayern führt, ist durch zwei Meilensteine aus Italien belegt.

Beide Meilensteine enthalten den Namen der Straße, ihre Datierung, ihr Auftraggeber, ihre Länge und – was ziemlich ungewöhnlich ist – es ist ihr „Planer“ angegeben worden. Die Angaben sind so ausführlich, daß sie zu Problemen bei der Ermittlung des exakten Straßenverlaufs führen, denn während man sich über den Bezugspunkt der Straße im Norden einig ist, nämlich die Region an der Donau in der Nähe von Augsburg, werden zwei verschiedene Ausgangspunkte im Süden angegeben: der Stein von Rabland/Rablà (Südtirol) nennt den Po in der Nähe der heutigen Stadt Ostiglia und der Meilenstein von Cesiomaggiore (Belluno, Italien) nennt Altino (Venedig), damals schon eine wichtige Hafen-stadt an der Adria.

Mit Hilfe archäologischer Untersuchungen haben die Historiker eine Verzweigung der Via Claudia Augusta bis nach Trient und einen einheitlichen Straßenverlauf von Trient nach Bayern festgestellt.

(1) Gerold Walser; Die römischen Straßen und Meilensteine in Raetien; Stuttgart; 1983
(2) Bayer. Landesamt für Denkmalpflege; Stellungnahme zum römischen Meilenstein von Gilching; 1993
(3) Der Begriff Tribunizische Gewalt (lateinisch tribunicia potestas) bezeichnet die Amtsbefugnisse der Volkstribune im antiken Rom.
(4) nach Günter Waller, Gilching, 1996

(Gekürzter) Text aus dem Zeitreise Journal 2012, Verfasser: Siegfried Floegel (Schriftführer Zeitreise Gilching e. V.)

Zusatz:

Nachbildung des ursprünglichen römischen Meilensteines, 1995 von der Gemeinde Gilching auf Initiative und Recherche u.a. von Gustl Wurm, Günther Waller, Peter Iohn und anderen wieder aufgestellt.

Rückwertige Inschrift:

Aufgestellt 204
Zerstört 1944
Rekonstruiert 1994
W: Mühlbauer
Gilching

Zeitungsausschnitt aus dem Starnberger Merkur vom 14.11.1995

Im Schichtwerk – Zeitreisen im Wersonhaus ist eine weitere Replik mit Innenleben (ausziehbaren Schubladen mit weiterführenden Informationen) zu finden.

Weitere Informationen zum ‚SchichtWerk – Zeitreisen im Wersonhaus‘
unter www.schichtwerk-gilching.de.